Es war nicht der erste Versuch, Jan Fidora in unserem Magazin USEDOM exclusiv vorzustellen. Aber angesichts der Brauerei, die er in den letzten Monaten in Mellenthin auf der Insel Usedom einrichtete, brach sein Widerstand zusammen. Das ist kein Wunder, denn Jan Fidora ist gelernter Brauer und Mälzer. Und eine eigene Brauerei war schon seit 20 Jahren sein Traum, lange bevor es ihn auf die Ostsee-Insel Usedom verschlug. Am Anfang stand eine „Heimbrauerei“ im Keller eines Neubaus in seiner westfälischen Heimat, in der er 1975 geboren wurde. Seine erste Lehre als Hotelfachmann ergänzte er dann mit der Ausbildung im Brauereigewerbe. Schon bald begann die Suche nach einem geeigneten Objekt für eine Gasthausbrauerei. Die Versuche in der Heimat blieben erfolglos, also hielt die Familie Ausschau nach einem touristisch viel versprechenden Gebiet. Die Alternative Spanien scheiterte an der „Faulheit“, spanisch zu lernen, eine Tour über Rügen führte schließlich auf die Nachbarinsel Usedom, die damals in Westfalen kaum jemand kannte.
Im Jahr 2000 stand das Wasserschloss Mellenthin zum Verkauf, und die Familie Fidora, die zufällig durch einen Zeitungsartikel davon erfuhr, war einer von 32 Kaufinteressenten! Letztlich entschied das Nutzungskonzept, und – der VW-Bulli als Familienfahrzeug (und -unterkunft) gewann gegen den Mercedes eines Mitbewerbers. „Solche hatten wir hier schon öfter“, urteilten die Gemeindevertreter über diesen. Heute wissen sie, dass die Entscheidung richtig war, doch bis dahin war es ein langer Weg. Ein ganzes Schloss als Standort einer Hausbrauerei? Das jedenfalls war von Beginn an der Grundgedanke beim Kauf.
Die Brauerei war schon viel früher geplant. Da sich jedoch die Genehmigungsphase als äußerst schwierig erwies, wurden andere Pläne vorgezogen. Das Schlossrestaurant mit dem mittelalterlichen Ambiente und das Hotel sorgten für die nötigen Mittel, das gesamte Gebäude von Grund auf renovieren zu können. Wenn auch anfangs die Baufortschritte eher im Verborgenen blieben, wie Kläranlage und Heizung, und so mancher Skeptiker seine Augenbrauen hob, Jan Fidora hatte nie Zweifel am Erfolg. Er betont die freundliche Aufnahme durch die Gemeinde und ihre Bewohner. „Die arbeiten ja sogar selbst“, staunte so mancher langjährige Mellenthiner angesichts der Familie Fidora an der Schubkarre.
Das Wasserschloss Mellenthin, dessen älteste Teile aus dem 12. Jahrhundert stammen, hat heute einen Ruf als gastronomische Perle und sehenswertes Kleinod weit über die Grenzen Usedoms hinaus. Obwohl die Fassade immer noch nicht vollständig renoviert ist, punktet das Haus buchstäblich mit inneren Werten. Dieses Herangehen korrespondiert auch mit der zurückhaltenden Souveränität von Jan Fidora, der sich persönlich nie in den Vordergrund drängt und eher auf Inhalte als auf Fassade setzt. Er sieht seine Position als „Schlossherr“ nicht als Ruhm, sondern als permanente Aufgabe, die er mit großem Verantwortungsbewusstsein lösen wird. Dazu kommt natürlich ein Schuss sprichwörtlicher westfälischer Sturheit, oder anders ausgedrückt, Durchhaltevermögen.
Heute ist die Familie Fidora in Mellenthin fest verankert. Die Eltern von Jan haben sich aus der ersten Reihe zurückgezogen, helfen aber ebenso tatkräftig mit wie seine Ehefrau.
Foto: © UTG, usedom.de (oben), nordlicht verlag (2, unten)