Ortsnamen auf der Insel Usedom

Ortsnamen auf der Insel Usedom Das Wahrzeichen der Insel Usedom: die historische Ahlbecker Seebrücke

Die Schöpfung hat das von ihr Geschaffene namenlos gelassen. Wie anders hätte das auch geschehen können! Erst der Mensch hat dann (zunächst) der Tierwelt Namen gegeben (vgl. 1. Mose, 2, 20). Alsdann baute Kain eine Stadt; die nannte er nach seines Sohnes Namen Henoch (1. Mose, 4.17). Und als sich nach Adam die Menschen mehrten, wurden die Namen der Söhne und Töchter in Geschlechtsregistern eingetragen (1. Mose, Kap. 5 mit 1. Chronik.Kap. 1-9). Letztlich gaben die Menschen überall in der Welt, dem Beispiel Kains folgend, den von ihnen gegründeten Städten, Dorfern, Flecken, Wohnstätten Namen. Heute sind Ortsnamen für Sprachforscher und Archäologen mitunter regelrechte Fundgruben, in denen sich Silben entdecken lassen, die wesentliche Einblicke und Einsichten in die Herkunft von Namen menschlicher Siedlungen der Frühzeit vermitteln können.

Ortsnamen leiten sich oft, wie im Kainsfall, von Stammesnamen ihrer Gründungsväter oder Stifter ab. Wieder andere Orte verdanken ihre Namen der Nähe zu Klöstern, Burgen, Gewässern, Felsen sowie auffallenden Landschaftsformen. Auch an Siedlungsorten angetroffene Bodenschätze (z.B. Gold, Eisen), Tier- und Pflanzenarten sind häufig namensgebend. Freilich geben nicht immer Ortsnamen ihr Herkommen und ihre Bedeutung preis, weil entweder die Spurensuche vergeblich war oder wechselnde, auch veränderte Schreibweisen, fremdsprachiges Wortgut oder nicht mehr vorhandene landschaftliche Ursprungsformen eindeutige Namensherleitungen erschweren, verschleiern oder gar unmöglich machen.

Die Stadt Usedom gab der Insel den NamenOft sind Ortsnamen mit menschlich-kollektiven Schutz- und Scharungsfunktionen verbunden, wobei es sich um Formen spontaner Soziabilitäten handelt, die die Wege zur „Fusion im Wir“ ebnen helfen. Auf diese Weise schaffen Ortsnamen die Voraussetzungen zur Gründung gemeindlicher Strukturen und geraten damit zu Malen öffentlicher Ordnung. Ehe die Ursprünge einzelner Ortsnamen auf der Insel Usedom unter die Lupe genommen werden, sei allgemein angemerkt, dass dem Besucher Vorpommerns die Vielzahl von Ortsnamen, auch von Familiennamen, auffallen wird, die mit der Silbe „-ow“ enden, wobei übrigens das „w“ stets unausgesprochen bleibt. Allein auf Usedom trifft man auf folgende Ortschaften mit der Nachsilbe „-ow“: Mahlzow, Mölschow, Netzelkow, Lütow, Koserow, Damerow, Mönchow, Reestow, Dewichow, Reetzow, Grüssow, Suckow, Zirchow, Kutzow, Neverow, Katschow und Prätenow. Die Nachsilbe „-ow“ ist slawischen Ursprungs und bezeichnet oft die Genitivform von (Orts-)Gründer-, Stifter- oder Eigentümernamen (z.B. Netzelkow: das Dorf des Netzel). Eine andere Deutung besagt, dass die Nachsilbe „-ow“ Bezug nimmt auf eine im Zeitpunkt der Siedlungsgründung angetroffene Mehr- oder Vielzahl von Menschen oder Pflanzen- bzw. Tierarten (so ist z.B. Mönchow ein Ort, der von Mönchen gegründet wurde und Damerow, herrührend vom polnischen „damb“ (Eiche) fiel durch Eichenwälder auf) (vgl.: M. Niemeyer, Ostvorpommern I, Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen USEDOM, Greifswald 2001, S. 11, 40 und 43; D. Berger, Duden-Geographische Namen in Deutschland, S. 209; A. Meyer, Ostsee-Zeitung vom 18./19. Juni 2000). Ob die eine oder andere Deutung Platz greift, hängt davon ab, ob die Vorsilbe ein Personen- bzw. Familienname oder ein pflanzlicher oder tierischen Gattungsname ist.

Häufig begegnet man auch Ortsnamen mit der Nachsilbe „-hagen“. Auf Usedom findet sich allerdings nur ein einziges, noch nicht einmal typisches Beispiel hierfür: der Badeort Karlshagen. Dafür wimmelt es auf dem nahen Festland von Hagen-Dörfern: Buddenhagen, Buggenhagen, Boltenhagen, Spandowerhagen, Giesekenhagen, Lodmannshagen, Kemnitzerhagen, Hanshagen, Diedrichshagen, Hinrichshagen u.a.m. Die Nachsilbe „-hagen“ deutet typischerweise auf im 13. bis 14. Jahrhundert gerodete und urbar gemachte Wald- und Moorgebiete hin. Solche meist im Nordosten Deutschlands gelegenen Siedlungsgebiete standen verwaltungsrechtlich dem Reich oder dem Deutschen Orden, später auch Fürsten und Herzögen zu. Die Kolonisation erfolgte in Gestalt sogenannter „Hagenhufen“; es handelt sich hierbei um Siedlungsgründungen in Form von Königshufen, einer Fläche, die ungefähr 60 pommersche Morgen umfasste.

Kamminke im Usedomer AchterlandAngesichts der Vielzahl einschlägiger Literatur, die sich mit Namensdeutungen von Ortschaften befasst, sei klargestellt, dass für die nachfolgenden Deutungen Usedomer Ortsnamen in der Hauptsache die neuen Forschungsergebnisse der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Lehrstuhl für Slawische Sprachwissenschaften) in der bereits zitierten Publikation von Prof. Dr. Manfred Niemeyer zugrunde gelegt werden. Diese Sammlung untersucht Herkunft und Bedeutung von 149 Usedomer Ortsnamen. Dabei werden zunächst für jeden Ort die im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung in Urkunden vermerkten Schreibweisen aufgezählt - eine mühselige Quellenforschung, wenn man dabei berücksichtigt, dass z.B. für die Stadt Usedom 245, für Pudagla 81 und für Kamminke 37 Schreibweisen zusammengetragen wurden. Hieran schließen sich für jeden Ort substantiierte Untersuchungen zur Herkunft und Bedeutung der Namen an. Dabei ist natürlich nicht in allen Fällen das Herkommen der Ortsnamen hinreichend klärbar; mitunter bleiben auch Deutungen umstritten. Hier können nur wenige Namen bekannterer Orte Gegenstand der Betrachtung sein. Verfolgen wir die Perlenkette Usedomer Badeorte von Norden nach Süden:

Peenemünde bedarf keiner näheren Deutung, weil sich der Name von selbst erklärt.

Karlshagen Es handelt sich, wie schon angedeutet, nicht um eine typische „Hagen-Rodung“ aus dem 13./14. Jahrhundert, sondern um ein erst um 1800 gegründetes Fischerdorf, das am 10.November 1837 durch die Königliche Regierung in Stettin den Namen Karlshagen erhalten hat, und zwar offenbar in Erinnerung an den 1830 verstorbenen Gründer, den Regierungsrat Karl von Triest (vgl. dazu: E. Richter / A. Heim, Die Insel Usedom, Rostock 1991, S. 39).

Strandpromenade im Ostseebad TrassenheideTrassenheide Der Flecken hieß Anfang des 19. Jahrhunderts Hammelstall und wurde 1913 zum Andenken an den im dortigen Sumpf ertrunkenen Förster Trassen in Trassenheide umbenannt (Richter / Heim, S. 39). Die 1932 verstorbene Wolgaster Heimatdichterin Pauline Scherping sah diese Umbenennung so:
„Mi deiht das leed, denn Hammelstall,
Mi dücht, dat klung so mollig warm,
un äwer 100 Johr sünd't all,
Dat't so würd nennt bi Riek un Arm“.

Zinnowitz, ursprünglich Tzys, wurde später in Zitz eingedeutscht und unter Friedrich II. 1751 in Zinnowitz umbenannt. Ob nun Tzys=Zitz vom wendischen „zitno“ (Korn) oder „ziti“ (Schilfrohr) (Richter / Heim, S. 42) oder vom polnischen „sinnik“ (Wiesen) (so: M. Niemeyer, aaO.) abzuleiten ist, bleibt umstritten.

Zempin dürfte herkunftsmäßig nicht hinreichend geklärt sein.

Seebrücke im Ostseebad KoserowKoserow hat mit der Sentenz: „Kose sanft, nie kose roh, wenn du kost in Koserow“ herkunftsmäßig nichts zu tun! Der Name lässt sich sowohl auf das wendische „kože“ (Ziege), als auch auf das Wort „kos“ (Amsel) zurückführen, wobei die Endung „-ow“ auf eine Vielzahl hier angetroffener Ziegen (evtl. gar Ziegenhaltungen) bzw. auf eine Vielzahl von Amseln hindeutet, die man hier nistend antraf.

Kölpinsee geht auf das sorbisch-wendische „kolb“ (Schwan bzw.Schwanenteich) zurück.

Die Auslegungen für Loddin reichen von slawischen Wortstämmen, die für Kahn bzw. Schiff stehen, also wohl auf einen kleinen Hafen hindeuten, bis zum slawischen „loddino“ (Lachsbucht).

Ückeritz wird einerseits mit dem in Pommern verbreiteten Familiennamen Uecker (evtl. als Gründerfamilie) in Verbindung gebracht; eine andere Meinung führt den Namen auf wendische Ursprünge zurück, wonach es sich um eine Grenzregion (des Klosters Pudagla) gehandelt hat.

Bansin Herkunft und Bedeutung dürften nicht hinreichend erklärbar sein.

Seeheilbad HeringsdorfDer Name Heringsdorf erklärt sich von selbst. Im Jahre 1820 hatte der damalige Kronprinz Wilhelm IV. (Regierungszeit als König 1840-1861) anlässlich eines Usedom-Aufenthalts angeregt, den im 19. Jahrhundert gegründeten Ort Heringsdorf zu nennen; 59 Jahre später erklärte König Wilhelm I. Heringsdorf zum Seebad (Richter / Heim, S.111).

Ahlbeck leitet seinen Namen vom Aalbach ab, der den Gothensee mit dem Meer bei Ahlbeck verband.

Die Herkunft des Insel- und Stadtnamens Usedom dürfte vom slawischen Uznam herrühren, was so viel wie Mündung (nämlich das Mündungsdelta der Oder, also Peene, Swine und Dievenow) bedeutet.

Die Namensforschungen führen, wie es unser vorpommerscher Gewährsmann Theodor Fontane ausdrücken würde, in ein „weites Feld“, das zu bearbeiten immer wieder neue und informationsreiche Einsichten vermittelt.

Text: Adrian Bueckling (†)
Fotos © Karin Höll (5), Kurverwaltung Koserow (1; 5. v.o.)

Erstabdruck in USEDOM exclusiv 2004

News

Sei Gast auf deiner Insel
Tourismus – das ist nicht nur das Angebot für Gäste, sondern lebt auch von der Akzeptanz durch die Bewohner der Region. Aus diesem Grund lädt der Tourismusverband Insel Usedom (TVIU) auch 2025 wieder alle Einwohner der Insel Usedom und der Stadt Wolgast sowie alle Erwerbstätigen der Insel dazu ein, ihre Heimat von einer neuen Seite kennenzulernen.
Lichterzauber und Comic-Rallye am Baumwipfelpfad
In diesem Winter überrascht der Baumwipfelpfad Usedom in Heringsdorf mit einer jahreszeitlich passenden Attraktion. Der Spaziergang durch die Wipfel und über sie hinaus wird zu einem zauberhaften Wintererlebnis.
Winterzauber in Trassenheide
Unter diesem Motto steht die winterliche Familienzeit im Ostseebad Trassenheide zwischen dem 4. und 14. Februar. Viele Veranstaltungen gruppieren sich um den Höhepunkt, das alljährliche Eisbade-Spektakel am 8. Februar, wenn sich wieder zahlreiche fröhlich kostümierte Eisbader mutig in die eisige Ostsee stürzen.