Faust und Rock – wie soll das je zusammenpassen? Mit ersterem habe ich mich in der 12. Klasse zuletzt befasst, befassen müssen. Etwa zur gleichen Zeit wurde mein Interesse für letzteres geweckt und hat sich in dem rund Vierteljahrhundert stetig erweitert. Seltsamerweise steht beides im Wohnzimmerregal gar nicht so weit auseinander – die Rock-CDs und die beiden gelben Reclam-Hefte, der „Urfaust“ und „Der Tragödie erster Teil“. Und das beides jetzt auch noch in einer Oper? Schon wieder ein Begriff der „höheren“ Kultur, um die meine Bögen durchaus groß sind.
Ich war wirklich skeptisch, als ich von „Faust – die Rockoper“ hörte, meine Ambition zu einem Besuch tendierte gen Null. Wie sollte denn ein noch so genialer Komponist diese sperrigen Verse einer nicht mehr gegenwärtigen deutschen Sprache in singbare Rocktöne verwandeln?
Und dann stand er dort, des Pudels Kern, süffisant-amüsiert ins, nein über das Publikum schauend, abschätzend, wie er dieser Meute Spaß beibringen könnte, Spaß zu seinen Gunsten wohlgemerkt. Und dann kamen die ersten Töne, diabolisch tief direkt aus der Hölle, ähm dem Brustkorb entsteigend... Gute zwei Stunden lang machte Mephisto, dargestellt von Falko Illing, böse Mine zu hervorragend rockigem Gesang und „Rock-Rap“. Nicht minder einprägend die Stimmen von Dr. Faustus (Christian Venzke), Gretchen (Denise Vilöhr) und der vielseitig talentierten Hexe-Witwe Marthe-Schüler-Darstellerin Henrike Baumgart, deren Töne direkt aus der Unterwelt zu kommen schienen. Instrumental heizte die Band in klassischer Rock-Besetzung ein. Alle Achtung, wie abgefahren die Gitarre bei passend höllischem Thema gespielt werden kann. So mancher „böse Bube“ sollte hier ein Ohr riskieren. Sehr nett anzuschauen, auch ohne das kredenzte teuflische Gebräu, waren die Tänzerinnen, die vermutlich wegen des doch recht eingeschränkten Bühnenplatzes nicht alles geben konnten, sowie die vier Usedomer Nachwuchstalente Marie, Daniela, Janine und Fiete.
Altmeister Goethe überwachte die Szenerie und hielt ob der diabolischen Handlungen nicht mit Kommentaren und guten Ratschlägen hinter dem Brocken... ähm Berg. Neben Johann Wolfgang war Hartmut Hecht auch in anderen Rollen zu erleben.
Fazit: Es war ein überaus gelungener Abend im Strandhotel Seerose in Kölpinsee, ausdrucksstarke Schauspieler, die ernste Verse ebenso darboten wie makabre Slapstick-Einlagen, faszinierende Stimmen, eingängige Texte, ein unglaublicher Rock-Sound und das Gefühl, dass „Opern“ doch gar nicht so verkehrt sind. Ein herzlicher Dank an die Mitwirkenden, den Komponisten Dr. Rudolf Volz, den Veranstalter Manthey Event und nicht zuletzt an das Technik-Team, das das Schauspiel mit Sound- und Lichteffekten unterstützte. Zzzipp…
Übrigens: „Faust – die Rockoper“ können Sie auch an Originalschauplätzen, auf dem Brocken und in Auerbachs Keller in Leipzig, sowie an anderen Veranstaltungsorten erleben. Weitere Infos finden Sie auf www.faust-rockoper.de
Text: Karin Höll
Fotos © Manthey Event
Datum: 08.01.2015
Werbung
Keine Kommentare