Auf der Insel Usedom können Usedom-Urlauber und Insulaner an unterschiedlichen Spielstätten der Vorpommerschen Landesbühne Anklam „viel Theater“ erleben. Mit dabei sind auch immer die Eleven der Theaterakademie Zinnowitz, die jetzt ihr 10. Jubiläum feierte. Im Sommer hieß es auf der Insel Usedom wieder „Tschüss“ für einige Damen und Herren der Theaterakademie Vorpommern. Zwei verabschiedeten sich nach Regensburg, einer nach Parchim, einer nach Zittau, zwei ins Engagement nach Anklam. Hanna Mauerer geht in den Süden Deutschlands und wird dort versuchen ihr Kindertheaterkonzept, das sie während des Studiums entwickelt hat, zu verwirklichen. Eine Kollegin wird in Berlin Skandinavistik studieren, eine sich in der freien Szene umtun. Keiner nach Hollywood, aber das kommt vielleicht irgendwann.
Es ist inzwischen der sechste Jahrgang, der nach dem vierjährigen Studium an der Ausbildungsstätte in Zinnowitz die Insel verlässt und in den Theatern des Landes unter Beweis stellt, dass an der nördlichsten Schauspielschule Deutschlands gut, solide, vielseitig und auch hart ausgebildet wird. Vor zehn Jahren, am 1. Oktober 2000, wurde die Theaterakademie gegründet – Studentin Nr. 1, Juliane Beyer, ist Zinnowitzerin. Sie ist nach Engagements in Marburg und Neustrelitz für den Sommer wieder auf die Insel zurückgekehrt, spielt im Sommer bei „Klassik am Meer“. Viel und unter unterschiedlichsten Bedingungen spielen, das ist an dieser Schule vom ersten Studientag an normal. Sehr früh arbeiten hier alle Eleven in unterschiedlichen Ensembles und sammeln Bühnenerfahrung - im Theater Anklam, auf den Freilichtbühnen bei „Vineta“ und in der Stadt Usedom, im Theaterzelt Chapeau Rouge in Heringsdorf sowie in der Barther Bodden Bühne.
Spielen vor mehr als 1000 begeisterten Zuschauern – oder auch mal nur vor 30. So erfahren sie schon während der Ausbildung die Höhen und Tiefen ihres künftigen Schauspielerlebens. Es ist dieses duale System von Lernen und Arbeiten, was die Eleven so an dieser Schule schätzen. Und natürlich schätzen sie auch, dass hier keine Studiengebühren erhoben werden und dass es sogar ein kleines Stipendium gibt. Für das vierte Studienjahr unterzeichnen sie ihren ersten Arbeitsvertrag - mit der Vorpommerschen Landesbühne. Jürgen Kern, künstlerischer Leiter der Theaterakademie, ist mit seinem Team bemüht, ihnen solides künstlerisches Handwerk mitzugeben, den Umgang mit Sprache und Bewegung. Besonders wichtig sind ihm die Szenenstudien, bei denen die Eleven kleine Szenen mit Fachleuten erarbeiten. Von Anfang an zählt der Schauspieler und Regisseur Friedo Solter zu den Regisseuren, die hier ausbilden. Kammersänger Eberhard Büchner, Manfred Wekwerth, Gisela May und Konstantin Wecker gaben hier ihre Erfahrungen weiter. Ute Lubosch und Conny Lippert zählen in diesem Jahr zu den Neuzugängen im Szenenstudiumteam. „Die Nachfragen sind groß, hier mal mit Studenten zu arbeiten“, weiß Kern. „Und es ist gut, dass die jungen Leute mit sehr unterschiedlichen Regisseuren und Persönlichkeiten zusammenarbeiten können.“ Ihm ist aber auch wichtig, dass die theoretischen, allgemein bildenden Fächer wie Dramaturgie, Philosophie, Kunst und Geschichte ihren festen Platz haben. „Das regt an, sich selbst zu regen“, meint er. „Schließlich müssen sie sich irgendwie durchbeißen, sich in diesem Beruf immer wieder neu orientieren.“
Festes Haus, freie Gruppe, Synchron, eigene Programme erarbeiten, Fernsehen - der Beruf ist vielfältig, aber man muss sich regen. Nicht jeder wird in diesem Beruf endgültig ankommen, mancher sich noch mal neu orientieren. Eine Absolventin studiert jetzt Psychologie, eine andere wurde Lehrerin. Die meisten der bisher etwa 70 Absolventen sind allerdings im festen Engagement - so in Berlin im Theater in der Parkaue und am Grips-Theater, in Marburg, Dresden, Stendal, München - und einer bei RTL in einer Comedy-Show. Auf die Vermittlungsrate von durchschnittlich 80 Prozent ist man schon stolz an der Theaterakademie. Und übrigens - im Sommer kommen die meisten für ein, zwei Tage wieder nach Zinnowitz, na ja, das Meer - aber viele kommen auch irgendwie nach Hause, zu ihrer Theaterfamilie, denn bei allem Stress war es doch eine tolle, auch familiäre Zeit an der Schule.
Text: Martina Krüger
Foto: © Theaterakademie Vorpommern
Datum: 12.10.2010
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