Naturschutzgebiete Insel Usedom

Naturschutzgebiete Insel Usedom Naturschutzgebiete Insel Usedom

Die Geschichte des Naturschutzes geht in Pommern zurück bis in das 19. Jahrhundert. Zuerst waren es alte, markante Bäume, deren besonderer Wert für das Landschaftsbild erkannt wurde, und die als „Naturdenkmäler“ unter den Schutz von „Polizeiverordnungen“ gestellt wurden. Später kamen die Brutgebiete seltener und auffälliger Vogelarten, wie Adler, Schwäne oder Brutkolonien von Möwen, unter die Obhut ihrer meist privaten Eigentümer oder wurden von Natur- und Vogelschutzvereinen wenigstens zur Brutzeit betreut.

Initiative seitens der staatlichen Verwaltung wurde erst nach der Einrichtung der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege“ in Preußen 1906 spürbar. Eine Aufnahme schutzwürdiger Objekte und wertvoller Naturflächen begann, um den Grundstein für eine gezielte Naturschutzarbeit zu legen. Mitte der 1920er Jahre erhielten erste Gebiete als „Vogelfreistätten“ einen offiziellen Schutzstatus. Die pommersche Provinzialregierung in Stettin wies 1923 mit der kleinen Insel Gänsewerder in der Barther Boddenkette das erste Schutzgebiet in Pommern aus, die Insel gehört jetzt zum Nationalpark „Vorpommersche Boddenlandschaft“. Nur wenig später, 1925, folgte der „Peenemünder Haken, Struck und Ruden“ als „Brut- und Rastgebiet für die Vögel“. Dieses Naturschutzgebiet gilt damit bis heute als das älteste Naturschutzgebiet in Mecklenburg-Vorpommern. Mit der Veröffentlichung des Reichsnaturschutzgesetzes 1935 wurde erstmals für ganz Deutschland der Status „Naturschutzgebiet“ verbindlich.

Natur- und Landschaftsschutz

Der zunehmend intensiveren Flächennutzung und der damit einher gehenden Veränderung großer Landschaftsteile in den darauf folgenden Jahrzehnten entstammt der Gedanke, Schutzgebiete großflächig auszuweisen. Mit dem Naturschutzgesetz der DDR von 1954 hatten die Bezirksverwaltungen die Möglichkeit, Landschaftsschutzgebiete festzusetzen. Nicht immer stand der Naturschutzgedanke dabei im Vordergrund, oft handelte es sich um typische Erholungsgebiete, deren vielfältige Landschaft für den Tourismus erhalten werden sollte. So wurde der Großteil der Insel Usedom schon 1966 unter Landschaftsschutz gestellt.

Doch auf nationaler Ebene stießen die Bemühungen um die Erhaltung von Natur und Tierwelt an ihre Grenzen. Erst langsam reifte die Erkenntnis, dass Schutzbemühungen auf lokaler und regionaler Ebene oft nur von begrenztem Erfolg sind. Die zunehmende Kenntnis ökologischer Zusammenhänge und das wachsende Wissen um überregionale Entwicklungen zeigte die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg.

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union beschlossen deshalb im Jahre 1992 einstimmig die „Flora – Fauna – Habitat – Richtlinie“ zum Schutz des gemeinsamen Europäischen Naturerbes. Denn inzwischen sind viele Tier- und Pflanzenarten und ihre Lebensräume in Europa so bedroht, dass ein Netz von Schutzgebieten europäischer Bedeutung unerlässlich geworden ist. Jedes Mitgliedsland der EU sollte danach Naturräume ausweisen, die im europäischen Rahmen bedeutsam sind. Dabei handelt es sich vor allem um Gebiete, die charakteristische Lebensräume und typische Artengemeinschaften eines jeden Mitgliedslandes repräsentieren. Bei der Auswahl dieser Flächen sollten ausschließlich naturschutzfachliche Argumente entscheidend sein.

Diese nach der EU-Richtlinie als FFH-Gebiete bezeichneten Flächen bilden zusammen mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das NATURA-2000-Netzwerk. Ziel ist es, in diesen Gebieten alle Beeinträchtigungen zu vermeiden, die dem Schutzzweck zuwider laufen und den Zustand des Schutzgebietes beeinträchtigen.

Naturschutzgebiete Insel Usedom
Die Insel Usedom besitzt mit ihrer Vielfalt an Lebensräumen und durch ihre Lage an Ostsee und Odermündung für Fauna und Flora in vielerlei Hinsicht überregionale Bedeutung. Ein Mosaik unterschiedlicher Lebensräume im Zusammenspiel von Land und Meer ist hier zu finden, Vogelzugstraßen queren die Insel, die Ostsee und das Haff. Die pommerschen Buchenwälder bedecken die Moränengebiete im Osten der Insel, Moore und Seen bieten vor allem der Vogelwelt Platz für Brut und Rast. So verwundert es nicht, dass eines der beliebtesten deutschen Urlaubsziele nicht nur Schutzgebiete nationaler Bedeutung aufweist, sondern nunmehr auch fest im Verbund des europäischen Netzes „NATURA 2000“ verankert ist. Oftmals wurden schon bestehende Naturschutzgebiete in dieses Netz aufgenommen. Diese Gebiete sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Seegewässer und Binnenküste Usedoms
Das mit Abstand größte zusammenhängende FFH-Gebiet im Naturpark Insel Usedom umfasst die gesamten inneren Seegewässer und die Usedomer Binnenküsten. Mit über 53.000 Hektar reicht es vom Peenemünder Haken und der Insel Ruden über den Peenestrom, das Achterwasser und den größten Teil des Kleinen Haffs. All diese Gewässer zählen zum Mündungsgebiet der Oder. Die verschlungene Form dieser Flussmündung mit ihren vielen Inseln, Halbinseln und Buchten wird als Ästuar bezeichnet. Zusammen mit den angrenzenden Uferstrecken bieten solche Flussmündungen einer Vielzahl von Arten Lebensraum. Genannt werden sollen hier nur europaweit bedrohte Fischarten wie Lachs, Finte, Flussneunauge und Rapfen. Die Küstenüberflutungsmoore und die letzten noch intakten Salzwiesen sind für wiesenbrütende Vögel oft die letzten Rückzugsräume. Ganz bewusst wurden darum auch Graslandbereiche angrenzender Niedermoore mit in dieses Schutzgebiet eingegliedert. So gehören die ufernahen Bereiche zwischen Balm und Dewichow ebenso dazu wie die Insel Großer Wotig, die Hohendorfer Wisch, der Große Ort bei Zecherin und die Moorflächen des Anklamer Stadtbruchs. Der in Deutschland fast ausgerottete Alpenstrandläufer kommt hier ebenso noch vor wie der vom Aussterben bedrohte Rotschenkel, der Große Brachvogel und der inzwischen als Brutvogel zur Rarität gewordene Kiebitz. Eines der seltensten Säugetiere unserer Heimat, der Fischotter, führt hier sein heimliches, meist nachtaktives Leben. Als Besonderheit erhielt auch das Eichholz auf dem Gnitz diesen europäischen Schutzstatus. Der alte Eichenwald stellt eine durch die intensive Forstwirtschaft selten gewordene Waldgesellschaft dar.

Dünenlandschaften auf Usedom
Dünen Insel UsedomDie deutsche Ostseeküste und besonders ihr pommerscher Teil werden geprägt durch Dünen unterschiedlichen Alters und verschiedener Entwicklungsstufen. Im europäischen Maßstab kommt unserem Land deshalb besondere Verantwortung für diese Lebensräume zu. Im Norden und Süden Usedoms finden sich bis heute noch fast ungestörte Dünenabfolgen mit ihren typischen Arten. Dies betrifft vor allem die Kienheide nordwestlich von Karlshagen, aber auch die Küste südöstlich des Ortes bis nach Zinnowitz. Auf zusammen fast 600 Hektar dehnt sich hier eines der größten zusammenhängenden Dünengebiete unserer Ostseeküste aus. Von den jungen, seeseitig ständig neu aufgewehten Strandwällen ohne jeden Bewuchs bis zu den etwa 5.000 Jahre alten, schon lange bewaldeten Braundünen ist hier eine von Wind und Wellen geformte Landschaft in ihrer natürlichen Form erhalten geblieben. Bis zu 6 Meter hohe Strandwälle mit den charakteristischen Dünenkiefernwäldern sind hier zu finden.

Auch östlich von Ahlbeck wurden über 100 Hektar natürlicher Dünenlandschaft unter europäischen Schutz gestellt. Sie stellt einen der letzten unverbauten Ausschnitte des bis hinüber nach Misdroy auf der Insel Wollin reichenden Dünenfächers dar, der in den letzten Jahrtausenden Ostsee und Haff voneinander trennte. Bis hinüber nach Swinemünde liegen Vordüne, Weiß-, Grau- und Braundüne hintereinander. Der Dünenkiefernwald ist mit Zwergsträuchern bestanden, darunter einzelne Wacholder, in den Dünentälern stocken Erlen.

Zeugnisse der Eiszeit auf Usedom
Vom 54 Meter hohen Langen Berg nördlich Bansin entlang der Küste erstreckt sich ein weiteres Gebiet, das wegen seiner Eigenart unter europäischen Schutz gestellt wurde. Die buchenbestandenen Endmoränen mit dem dazwischen liegenden Mümmelkensee und seinem Moorwald stellen einen ebenso typischen wie bedrohten Landschaftsausschnitt dar. Der Nutzungsdruck auf die noch unverbauten Küstenabschnitte nimmt immer mehr zu. Umso wichtiger ist der Schutz dieser Bereiche vor ungehinderter Erschließung und Bebauung.

Mit dem Wockninsee bei Ückeritz soll eines der letzten noch intakten Kalkmoore erhalten werden. Der ehemalige Strandsee wird von bewaldeten Dünen und Moorwäldern umgeben, beides sind Lebensräume, die höchste Schutzwürdigkeit genießen. Die Moorvegetation der umliegenden Schwingmoorflächen weist einige bei uns nahezu verschwundene Pflanzen wie Sonnentau und Wollgräser auf. Als botanische Kostbarkeit kommt hier die Binsen-Schneide vor, ein Riedgras, dessen Vorkommen an Kalksümpfe gebunden ist. Bekannt wurde der flache Moorsee jedoch durch die Sumpfschildkröte, deren Nachweise bis in die 1990er Jahre reichen.

Wolgastsee Insel UsedomDas wohl bedeutendste Gebiet im NATURA-2000-Netz auf Usedom ist wegen seiner Ausdehnung und seiner Vielfalt aber das ostusedomer Hügelland, in dem der östliche Teil der Insel Usedom mit den größten Höhenunterschieden (0-71 Meter), vom Wolgastsee bis zum Golm, vereint ist. Die Moorniederung des ehemaligen Zernin-Sees und des Swine-Moores gehört zu diesem Gebiet, verschiedene Seen sind in die Endmoränen eingebettet: der Krebssee bei Ulrichshorst, der Wolgastsee, das Schwarze Herz und der winzige Kesselsee unterhalb der Kalkberge. Neben diesen mäßig bis stark nährstoffhaltigen Seen zählen auch der Gothensee als Moorsee und der Kleine Krebssee bei Sallenthin als Klarwassersee zu diesem FFH-Gebiet. Moorwälder unterschiedlicher Ausprägung sind hier vertreten, ausgedehnte Erlenbrüche und Birkenwälder auf Hochmoortorf. Das Swine-Moor, am Stadtrand von Swinemünde, ist das größte noch lebende Hochmoor des Naturparks Insel Usedom. Wenn im Juni Wollgräser und Sumpfporst blühen, erlebt man den eigentümlichen Reiz dieser Landschaft. Charakteristisch für diesen Teil der Insel sind vor allem die Rotbuchenwälder. Allein sechs unterschiedliche Buchenwaldgesellschaften wurden hier bestimmt. Darunter sind Standorte, die wohl selbst im Mittelalter, zur Zeit der großen Rodungen in Deutschland, nie entwaldet waren. Pflanzen wie Zwiebel-Zahnwurz, Waldschwingel und Christophskraut zeigen den besonderen Wert dieser Wälder. Aber auch für die hier vorkommenden Tierarten Fischotter, Kamm-Molch und Rotbauchunke trägt unser Land besondere Verantwortung.

Im Zuge der europäischen Einigung werden auf unserer Insel jetzt die vor 60 Jahren zerrissenen Verkehrswege wieder aneinander geknüpft, teilweise mitten durch die eben vorgestellten Gebiete. Europa bedeutet aber mehr als den freien Strom von Menschen, Waren und Kapital. Für unsere Natur bedeuten Straßen mit neuem Verkehr auch neue Grenzen. Bei all unseren Plänen sollten wir daran denken, auch diese Grenzen durchlässig zu halten!

Text: Dirk Weichbrodt

Foto: © nordlicht verlag

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